UND ES GEHT DOCH

Drei Beispiele zur Nennung der Drehbuchautoren.


Bei den Internationalen Filmfestspielen Berlin gab es letztes Jahr (2003) eine
Neuerung. Auf Drängen unseres Verbandes hin und nachdem Thomas Bauermeister
gegenüber dem Festivalleiter Dieter Kosslick eine „Filzstiftaktion“ ankündigte, bei der
die Namen der fehlenden Drehbuchautoren auf die Programmplakate geschrieben
werden sollten, setzte sich Kosslick selbst an die Spitze der Bewegung. Für die
Wettbewerbsfilme wurden die Namen der Drehbuchautoren wenigstens für jeweils
eine der Vorstellungen auf die Programmplakate gedruckt. Ein guter Anfang. Auch
dieses Jahr wurde wieder so verfahren. Allerdings hatten wir uns diesmal mehr
vorgenommen. Wir wollten erreichen, dass auch im offiziellen Berlinale Katalog die
Drehbuchautoren entsprechend ihrer Bedeutung herausgestellt werden. Bislang
erscheinen sie da ja nur in der Stabliste während die Regisseure mit Foto und
Filmografie glänzen dürfen. Der neugegründete Beirat nahm sich der Sache an. Für
ein Treffen mit Kosslick war es zu spät, da er zu diesem Zeitpunkt bereits durch die
Welt jettete um Filme zu ordern. Wir schrieben ihm daher einen Brief, freundlich im
Ton, pointiert in der Sache. Wir Drehbuchautoren sind als erzählerische Urheber
genauso wichtig wie die Regisseure, die für die Inszenierung verantwortlich zeichnen


DA KÖNNTE JA JEDER KOMMEN
Kosslick schrieb zurück, bedankte sich für unser Lob hinsichtlich der neuen
Verfahrensweise auf den Programmplakaten, enttäuschte uns aber mit seinem
Entschluss, im Katalog alles beim alten zu belassen. Wenn man die
Drehbuchautoren derart herausstellen würde, wie sollte man dann bei den
Filmarchitekten, Kostümbildnern, Schnittmeistern , Sounddesignern und Produzenten
verfahren, ohne die es ja auch keine Filme gäbe?
Seine Begründung ist bemerkenswert. Dass mit dem Drehbuchautor der Urknall für
die Entstehung eines Filmes einsetzt und der Drehbuchautor sich auch danach
(auch im Sinne des Urheberrechts) auf einer Schaffenshöhe bewegt, welche die der
oben erwähnten Filmschaffenden bei aller Wertschätzung doch um einiges übertrifft,
dafür fehlt ihm leider die Einsicht.


I LIKE SUNDANCE
Kosslicks Absage warf die Frage auf ob wir im VDD dieses Problem allein weiter
beackern oder ob wir uns Verbündete suchen, die ähnliche Erfahrungen gemacht
haben. Ich habe mich daher mit der Writers Guild of America West in Verbindung
gesetzt. Die amerikanischen Kollegen führen , was Nennung und angemessene
Behandlung während und nach Fertigstellung einen Films anbelangt, einen schon
sehr viel längeren Kampf. Sie haben Ergebnisse erzielt, die bei uns (bis jetzt) nur
als Forderungskatalog existieren. Den Titel „Ein Film von…“ allerdings konnten auch
sie nicht verhindern, lassen aber nicht locker.
Die mangelnde Präsentation der Drehbuchautoren in den Katalogen der Filmfestivals
ist ihnen natürlich wie uns ein Dorn im Auge. Auch sie mussten die Erfahrung
machen, dass hier die Mauer der Abwehr recht hoch ist. Seit einiger Zeit versuchen
sie nun über prominente Mitglieder ihrer Organisation, die gute Kontakte zu den
Herrschern der Festivals haben, deren Abwehrhaltung aufzubrechen. Mit erstem
Erfolg. Als Beleg bekam ich per Fax zwei Seiten der Kataloge der Filmfestivals von
Los Angeles und Sundance zugeschickt. Und siehe da, es ist möglich,
Drehbuchautoren so vorzustellen, dass dem Leser des Katalogs die Bedeutung
derjenigen klar wird, die sich das alles ausgedacht haben.


NO PROBLEM
In Sundance stehen unter dem Foto des Films zwei Namen, der des Regisseurs und
der des Drehbuchautors. Sind es mehrere Autoren, werden eben mehrere Autoren
genannt. No problem. In den Inhaltsangaben wird noch einmal auf die Leistung der
Autoren verwiesen. In Los Angeles bekommen sie sogar, genauso wie die
Regisseure, eine Filmographie inklusive Porträtfoto. Es geht also, wenn man nur will.
Auch technische Argumente wie Platzmangel sind damit als Ausflüchte enttarnt.
Nun gehören die beiden Festivals nicht zu den ganz großen, aber sie geben ein
Beispiel, dass wir nutzen sollten. Hier bietet sich das Hamburger Filmfest an. Nach
dem Erfolg der von Arne Sommer und Katharina Uppenbrink organisierten
Drehbuchrevue, die der Leiter des Filmfestes gerne fortgesetzt sehen möchte, sollten
wir nun als Gegenleistung eine angemessene Vorstellung der Drehbuchautoren im
Offiziellen Filmfest Magazin anstreben. Geben und nehmen, heißt hier die Devise.
Auch mit Dieter Kosslick werden wir noch einmal Kontakt aufnehmen. Und mit der
Writers Guild habe ich vereinbart, dass wir uns gegenseitig mit Informationen
versorgen. Fortsetzung folgt.


MIT DEM ERSTEN SIEHT MAN BESSER
Ein anderes Übel ist die Praxis der Fernsehanstalten, in ihren über die
Fernbedienung abrufbaren TV Texten, bei denen man die Inhaltsangaben und
weitere Informationen zu den jeweiligen Filmen und Serien lesen kann, die
Drehbuchautoren konsequent zu verschweigen. Das ist umso ärgerlicher als sich ja
die Inhaltsangaben direkt auf die Arbeit der Drehbuchautoren bezieht. Ich habe
daher zunächst bei ARD und ZDF auf diesen Misstand hingewiesen und darum
gebeten, zukünftig auch diejenigen zu nennen ohne deren Leistung die Genannten
ihren Laden dicht machen könnten. (Ich habe es etwas freundlicher ausgedrückt.)
Bei der ARD zeigte man sich einsichtig. Nun werden dort im TV Text auch die
Drehbuchautoren genannt. Das ZDF ist sich zwar des Problems bewusst, müsste
aber statt einer Seite TV Text zwei Seiten zeigen, um neben der Inhaltsangabe
zusätzlich noch mehr Darsteller sowie Autoren und Regisseure zu nennen. Dazu ist
man zur Zeit noch nicht bereit, hat aber versprochen, darüber weiter nachzudenken.
Dass man jetzt gegenüber der ARD in der Behandlung der Drehbuchautoren in
diesem Punkt schlechter dasteht, hilft den Gedanken vielleicht auf die Sprünge. Und
dann sind da noch die Privaten. Diese Nuss zu knacken dürfte noch schwieriger sein.
Aber man wächst ja mit den Herausforderungen.

Hartmann Schmige
Mai 2004