CORONA und „DER BESUCH DER JUNGEN DAME“

Corona macht vor nichts Halt, auch nicht vor Drehbüchern. Wie man hört, gibt es bei einigen Produktionen Überlegungen, in den Drehbüchern nur noch Personen unter dem Rentenalter auftreten zu lassen. So entsorgt man einen Teil der Gesellschaft, der bei Dreharbeiten einen Risikofaktor darstellt. Das ist eine schlechte Nachricht für ältere Schauspieler. Ich fragte sofort bei einer jungen, dynamischen Produktion nach und bezeichnete dieses Vorgehen als diskriminierend. Mir wurde entgegengehalten, dass vor allem alte, weiße Männer Schuld an allem Übel der Welt seien, es treffe also die Richtigen. Ob dann auch alte, weiße Frauen dieses Schicksal teilen müssen, hakte ich nach. Und ob da nicht die große Gefahr bestünde, dass eine neue Protestbewegung entstehen könnte mit Lichterketten und „Fridays for Oldies – Demos“? Ich dürfe das alles nicht so defätistisch sehen, entgegnete man mir und hielt mir vor Augen, was der große Dichter Hölderin uns als Lebensweisheit mit auf den Weg gegeben hat. „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Mit ein bisschen Fantasie ließe sich alles regeln und es würden sich völlig neue Arbeitsfelder ergeben mit Drehbuchaufträgen in Hülle und Fülle. Nicht nur neue Stoffe, sondern gerade alte Werke bieten sich unter Berücksichtigung der Altersbeschränkung bei einer aktualisierten Neuverfilmung wunderbar für ein kreatives Umschreiben an. Als nachahmenswertes Beispiel wurde mir Vorschlag eines Drehbuchautors genannt, der bei ARD, ZDF und den PRIVATEN auf reges Interesse stieß. Hier der Vorschlag des Autors, den er unter dem Pseudonym Rudi Reckless gemacht hat.

“Der Besuch der jungen Dame”, frei nach Dürrenmatt.

 Ein weiblicher Teenager, der im Lotto eine Million gewonnen hat,  besucht eine Jugendherberge und verspricht den Bau eines Freizeitparks, Zutritt nur bis 17 Jahre, vorausgesetzt man erschlägt ihren Cousin  Benny Obermeier, der ihr, als beide sechs Jahre alt waren, einen Haufen Ameisen ins Bett geschüttet hat. Alles Weitere ergebe sich von selbst. Die Quote wird stimmen. Ein weiteres Werk sei schon in Arbeit. „ Der junge Mann und das Meer“, frei nach Hemingway. Völlig neue Sehweisen würden sich eröffnen. Also, riet man mir und allen Kreativen, hört auf zu jammern und beteiligt euch an der schönen, neuen Film-und Fernsehwelt, in der das Alte dem Jungen weichen muss.

Und dann wachte ich auf. Es war nur ein schlechter Traum, aber manchmal werden ja auch schlechte Träume wahr.

17. 06. 2020

Hartmann Schmige